Ein Blick auf die Arbeit an den Leserseiten – Teil 1 Eine Kolumne von Michelle Stern über die heutige LKS

12. August 2022

Michelle Stern ist praktisch in jeder PERRY RHODAN-Ausgabe mit ihren Texten enthalten – sie stellt die Leserseite zusammen. Aus dieser Perspektive schrieb sie einen großen Artikel, der in der Ausgabe 3176 der PERRY RHODAN-Serie im Juli veröffentlicht wurde – im PERRY RHODAN-Report, der redaktionellen Beilage also. (Den eigentlichen Roman verfasste sie übrigens ebenfalls – er trägt den Titel »Das schwarze Verwehen«.)

Wegen des großen Umfangs dokumentieren wir diesen Beitrag als Kolumne mit zwei Teilen auf dieser Seite. Heute kommt der erste Teil, morgen folgt Teil zwei.

 

Tee kochen und Seiten bauen

Wie entsteht eigentlich eine Leserseite? Ich zeige das an der Leserseite für Band 3174.

Wir schreiben den vierten Mai 2022 alter terranischer Zeitrechnung, und ich habe als Autorin gerade den Roman mit der Bandnummer 3176 »Das schwarze Verwehen« beendet. Wenn sich die Fertigstellung von so einem Roman in die Länge zieht, leidet manchmal auch die Leserseite. Ich gebe dann schon mal so spät wie möglich ab, aber natürlich noch rechtzeitig. Normalerweise ist das kein großes Problem. Die Planung ist entsprechend gemacht, und so ist es auch in diesem Fall.

Nun habe ich also besagten Roman abgeschlossen und kann mich hingebungsvoll den einzelnen Schritten der Leserseitenproduktion widmen.

Schritt 1 ist: Tee kochen und Mails zusammenstellen. Na ja, eigentlich nur Mails zusammenstellen, aber ich koche mir eben gern mal vorher einen Tee. Dann suche ich einen Ort meiner Wahl auf: Wohnzimmer, Garten, Medienraum mit Couch, wo der Hund drauf liegen darf. Das macht er ganz gern.

Heute ist es das Wohnzimmer, weil es tröpfelt und ich in den Garten schauen möchte. Das geht halt im Keller – also im Medienraum mit der Couch – eher schlecht. Abgesehen davon, dass es schön ist, rauszuschauen, hat der »Reiherschreck« seinen Geist aufgegeben. Das ist eine Art Wasserspritzpistole, die auf Bewegung reagiert und eigentlich die dreißig bis vierzig Goldfische im Teich vor einem unschönen Ende im Reihermagen bewahren soll. Jedenfalls unschön für die Fische. Die beiden Reiher, die hier im Viertel manchmal stundenlang auf den Dächern herumhocken, sehen das sicher anders.

Ich sitze also am Wohnzimmertisch und widme mich dem Zusammenstellen der Mails. Dabei ist es wichtig, auf eine bestimmte Zeichenzahl zu kommen. Die Leserseite darf ja weder zu lang noch zu kurz sein. Aus dem Grund müssen sehr lange Mails auch gekürzt werden. Es sollte sehr selten so sein, dass ein Leserbrief eine komplette Seite füllt. Dafür muss dann wohl ein Schreibtalent haben wie Andreas Eschbach. Dessen jugendlichem Leserbrief hat William Voltz einst eine komplette Leserseite gewidmet.

Die LKS für Band 3176 wird jedoch eine ganz normale Seite, auf der verschiedene Leser und eine Leserin zu Wort kommen. Nacheinander kopiere ich die Texte und füge sie in die Datei ein. Dabei merke ich schon, dass es wohl Menschen mit Computern aus anderen Ländern gibt, die keine Umlaute auf ihrer Tastatur haben. Eine Sparmaßnahme? Hm. Hier darf ich dann später jedes »ae« und »oe« und »ue« entsprechend ersetzen.

Aus einer der Nachrichten öffne ich das Bild, das diese Woche auf die Leserseite soll, und speichere es unter der richtigen Bezeichnung. Später werde ich es zusammen mit der fertigen LKS an Bettina Lang im Verlag versenden.

Soweit, so normal. Dann dürfen erst einmal sämtliche Formatvorlagen aus der Datei entfernt werden, was sich hier recht leicht schreiben lässt. Leider ist das keineswegs so unkompliziert! Dieser Arbeitsschritt hat für mich eher so eine Art Alibi-Funktion – mehr ein Drandenken als ein Umsetzen. Dafür müsste ich wohl jedes Mal die Datei an sich in eine reine Textdatei umwandeln und dann wieder zurück. Ich bezeichne solche Pseudo-Arbeitsschritte gern als »Vorschläge«.

Wie sieht also so eine Datei nach dem Entfernen sämtlicher Formatvorlagen aus, wenn frau sich Texte aus E-Mails holt? Sie hat Striche, grau unterlegte Flächen, besondere Irrungen und Wirrungen aus den chaotischen Reichen unverständlicher Positroniken … irgendetwas bleibt immer übrig und darf dann per Hand gelöscht werden. Wenn es sich denn löschen lässt. Ansonsten ändere ich eben doch noch die komplette Datei zweifach um. Man gönnt sich ja sonst nix.

Danach beginnt die »Umschichtung« der Mails. Ich schaue, wie die Nachrichten vom Inhalt her gut zusammenpassen könnten, und schreibe dann den kurzen Einleitungstext – sozusagen das »Wort zur LKS«. Manchmal muss ich dabei wirklich aufpassen, dass ich nicht zu viel vom Roman verrate. Ich kenne ja die Exposés und will dann einfach losplappern. Aber halt! Lieber vage bleiben. Bevor es ein Unglück gibt.

Schritt Zwei sind die systematische Überarbeitung der Nachrichten und das Kommentieren.

Manchmal muss ich schmunzeln, wenn uns im Verlag Rechtschreibfehler vorgeworfen werden, in Mails, in denen in fünf Sätzen gefühlt zwanzig davon vorkommen. Aber klar: Der Verlag verkauft Literatur, und wir leben davon. Wir wollen und sollen das schon richtig machen, während Leser und Leserinnen sich nicht um jedes Komma, jeden Buchstaben, Kasus oder auch die Groß- und Kleinschreibung im Rahmen diverser Rechtschreibreformen zu kümmern brauchen.

Michelle Stern

Perry Rhodan 3176: Das schwarze Verwehen
Michelle Stern
PERRY RHODAN DIGITAL
ISBN/EAN: 9783845361765
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Perry Rhodan 3176: Das schwarze Verwehen
Michelle Stern
Pabel Moewig Verlag KG
ISBN/EAN: 9999900007169