Die Autorinnen bei PERRY RHODAN – Teil eins Eine Kolumne von Susan Schwartz über weibliche Charaktere

22. Dezember 2021

Susan Schwartz verfasste den Roman mit dem Titel »Im ewigen Krieg« und der Bandnummer 3144, der im November 2021 erschien; die Autorin war auch mit einem Artikel im Innenteil des Romans vertreten. Ihr Artikel beschäftigte sich mit den Autorinnen bei PERRY RHODAN und zählte zum PERRY RHODAN-Report.

Weil er so interessant ist, dokumentieren wir diesen Beitrag an dieser Stelle. Wegen seines Umfangs bringen wir ihn in zwei Teilen: heute Teil eins und morgen den zweiten Teil.

 

Eine Teamautorin berichtet
Frauen bei PERRY RHODAN – das sind eigentlich zwei Themen. Zum einen geht es um die Autorinnen, zum anderen um die Rolle weiblicher Figuren in der Serie.

Das erste Thema, »Autorinnen«, hat durchaus einige Facetten zu bieten. Es begann alles mit Marianne Sydow, die als erste und für lange Zeit einzige Frau ins PERRY RHODAN-Team berufen wurde – und da schrieben wir bereits 1976, das fünfzehnte Jahr der Serie mit über 700 Ausgaben in der Erstauflage! Aus der heutigen Sicht ist das kaum mehr nachvollziehbar.

Der Weg dorthin war entsprechend steinig. Ein weiblicher Science-Fiction-Autor und auch noch deutschstämmig – das erforderte jede Menge Durchhaltevermögen. Amerikanische Autorinnen schrieben teilweise unter männlichem Pseudonym, und das tat auch Marianne Sydow. Als Garry McDunn lieferte sie ihr Debüt »Das Wesen aus der Retorte« im Erich-Pabel-Verlag ab. Es wurde in der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre in der UTOPIA-Reihe veröffentlicht.

1972 folgten weitere Veröffentlichungen im Zauberkreis-Verlag, dann wechselte Sydow wieder zu Pabel – in die TERRA ASTRA-Reihe, nun beachtenswerterweise unter ihrem Realnamen. Sie hatte sich in der Verlagswelt einen guten Ruf erworben, so dass die Offenlegung ihres Pseudonyms anscheinend kein Hindernis mehr darstellte.

Mitte der 70er-Jahre kam der Einstieg bei ATLAN, wo sich Sydow rasch viele Fans erarbeitete und zugleich das Schreiben im Team lernte. Aber das führte keineswegs automatisch zum Einstieg in die PERRY RHODAN-Serie – diese befand sich nach wie vor fest in Männerhand.

Die Aufteilung war in Westdeutschland klar geregelt: Liebesromane für Frauen, Science Fiction für Männer – so wie rosa für Mädchen und hellblau für Jungen. Die Trennung der Geschlechter war im streng patriarchalischen System so vorgesehen. Die Hippiebewegung mit ihrem »Gammel-Look« und den »Gammlern« wurde fast noch mehr gefürchtet als der Kommunismus.

Noch in den 1960er-Jahren musste eine Frau offiziell von ihrem Ehemann die Erlaubnis erhalten, arbeiten zu dürfen. Inoffiziell interessierte das natürlich niemanden, denn es gab mehr Stellen als Arbeitssuchende. Doch es zeigte Auswirkungen bis in die Literatur, und hier ausgerechnet bis in die Science Fiction, was aus heutiger Sicht widersprüchlich, ja anachronistisch, wirkt. Man sollte doch meinen, gerade in den Zukunftsromanen, speziell bei PERRY RHODAN, wäre mehr Wert auf Gleichberechtigung gelegt worden – angefangen bei denjenigen, die sie verfassten.

Für Perry Rhodan als Hauptfigur war von Anbeginn, seit der Gründung der Dritten Macht und Galacto City in der Wüste Gobi, genau dies die Weisung in die Zukunft: Jede und jeder, egal welcher Herkunft, egal welcher Hautfarbe und welchen Geschlechts oder gar Spezies, bekam dieselbe Chance sich zu beweisen, durch Können zu überzeugen. So war sein Charakter festgelegt.

Ganz so ideal waren die Schilderungen jedoch nicht. Kein Wunder – die Geschichten wurden ausschließlich von Männern erzählt, die mit einem ganz bestimmten Frauenbild aufgewachsen waren. Die erwachsenen Frauenfiguren konnten zweifache Doktorinnen sein, wurden dennoch als »Mädchen« bezeichnet und brachten häufig den Kaffee, bevor sie eventuell etwas zum dramatischen Abenteuer beitragen durften.

In den Anfängen der Serie wurden Gefühle allgemein extrem reduziert gezeigt, wie es sich für die damalige Science Fiction gehörte. Die hauptsächlich männlichen Leser forderten »Männerthemen«, da hatte »Schwulst« nichts verloren. Der war den Frauenromanen vorbehalten und für das schwache Geschlecht bestimmt. Wonach diese Männer sich eigentlich sehnten, ist heutzutage unbegreiflich, denn auch sie hatten Familien, Liebeskummer und Ängste – wie jeder Mensch. Aber Männer durften damals nicht weinen und schon gar keine Emotionen zeigen. So gehörte sich das auch für die Science Fiction. Der Weltraum war nur etwas für »gestandene Männer«.

Lediglich Clark Darlton schaffte es, mit dem niedlichen Mausbiber Gucky Emotionen zu transportieren, Freundschaften zu entwickeln und tiefere Charakterisierungen einzubringen. Aber Gucky war ebenfalls männlichen Geschlechts, so weit ging das Entgegenkommen dann doch nicht.

Also, wo waren die Frauen, im Weltraum und vor der Schreibmaschine?

 

Perry Rhodan 3144: Im ewigen Krieg
Susan Schwartz
PERRY RHODAN DIGITAL
ISBN/EAN: 9783845361444
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Perry Rhodan 3144: Im ewigen Krieg
Susan Schwartz
Pabel Moewig Verlag KG
ISBN/EAN: 9999900006605