Die ATLAN-Comics im Blick – Teil eins Eine Kolumne von Andy Schmid über fast vergessene Geschichten

15. Oktober 2022

Der PERRY RHODAN-Report 561, der in PERRY RHODAN-Band 3188 (»Die letzten Tage von Pordypor« von Michelle Stern) veröffentlicht wurde, widmete sich dem Jubiläum der Figur Atlan und den Geschichten, die um sie erzählt werden. In einem Text informierte Andy Schmid über die ATLAN-Comics der 60er- und 70er-Jahre.

Diesen Beitrag dokumentieren wir sehr gern auch an dieser Stelle. Wegen seiner Länge kommt er in zwei Teilen: Heute kommt der erste, morgen folgt der zweite Teil.

Neugier auf die Vergangenheit

Nach seinem ersten Auftritt in PERRY RHODAN-Band 50 ließ Atlan in späteren Romanen immer wieder Bemerkungen über seine Abenteuer in der Vergangenheit der Erde fallen. Ganz nach dem Motto: »Was wisst ihr schon, ich war dabei!«

Dadurch wurde die Neugierde geweckt: Die Leser wollten wissen, was Altan in den 10.000 Jahren seines irdischen Exils alles erlebt hatte. Welchen historischen Persönlichkeiten war er begegnet, bei welchen bekannten Schlachten war er dabei, wo hat er die Kultur der Menschheit beeinflusst?

Wie langjährige PERRY RHODAN-Leser wissen, nahm sich Hans Kneifel Ende der sechziger Jahre dieser Geschichten an und formulierte sie in seinen Taschenbüchern aus – die Altan-Zeitabenteuer waren geboren. Das erste dieser Taschenbücher, »Bruder der stählernen Wölfe«, erschien im November 1968 als Band 56 der PERRY RHODAN-Planetenromane.

Tatsächlich gab es die Zeitabenteuer schon etwas früher, in einem anderen Medium – dem Comic!

Mitte 1967 wollte der Moewig-Verlag ein jüngeres Publikum an die PERRY RHODAN-Serie heranführen. Man entschloss sich, die Handlung ab dem ersten PERRY RHODAN-Heft in Comic-Form nachzuerzählen.

Dazu kamen neue Geschichten rund um den Mausbiber Gucky. Diese Storys sollten vor allem Kinder zwischen sechs und zehn Jahren ansprechen und waren entsprechend kindgerecht gestaltet. Sie erzählten die Jugendabenteuer Guckys auf seinem Heimatplaneten Tramp. Damit die Comics auch für das bereits bestehende Heftromanpublikum Neues boten, brachte man zusätzlich Comic-Geschichten über Atlans Abenteuer in der Vergangenheit der Erde.

Die ersten beiden Atlan-Episoden wurden noch von William Voltz geschrieben, danach übernahm Hans Kneifel. Vermutlich entwarfen die beiden Autoren die Atlan-Zeitabenteuer von Anfang an gemeinsam. Sie arbeiteten damals sehr eng zusammen.

Ab dem 28. September 1967 erschien der PERRY RHODAN IM BILD-Comic alle zwei Wochen. Für die Atlan-Comics war der italienische Zeichner Marco di Simone zuständig. Sein Stil mutete teils recht hölzern und statisch an, doch im Gegensatz zu den Zeichnungen von Kurt Caesar im Hauptteil wirkten die von di Simone wesentlich erwachsener und »reifer«.

Für die Handlung der Gucky- und Atlan-Geschichten waren im Gegensatz zur Hauptstory gerade einmal je sechs Seiten zur Verfügung gestellt worden. Dem Storytelling gerade der Atlan-Geschichten merkte man dann auch an, dass hier ein Autor am Werk war, der noch keine Erfahrung mit Comic-Skripten hatte. Besonders die ersten Folgen brachten auf dem begrenzten Platz eine dichtgedrängte Handlung mit viel erzählendem Text.

In 27 Episoden wehrt Atlan Invasionen von Außerirdischen ab, schlägt sich mit Hinterlassenschaften arkonidischer Technik herum und greift helfend in Kulturen in der Frühgeschichte der Menschheit ein. Anfangs baut die Handlung noch aufeinander auf – vor allem die ersten dreizehn Episoden sind als durchgehender Minizyklus aufgebaut. Darauf folgten einige Mehrteiler, und ab Episode 23 sind es dann einzelne abgeschlossene Geschichten in jeweils einer Epoche der Menschheit. Atlan trifft hier auf bekannte Persönlichkeiten wie Kaiser Qin Shi Huang Di, Attila den Hunnen, Caesar und Kleopatra, oder er hilft bei der Entwicklung der Kultur der Wikinger und Römer.

In Episode 23, die am 1. August 1968 erschien, nimmt Comicautor Kneifel Bezug auf seinen Planetenroman »Bruder der stählernen Wölfe«, das erste Atlan-Zeitabenteuer in den Taschenbüchern. Dieses erschien etwa ein Vierteljahr später im November 1968. In einem späteren Interview äußerte Hans Kneifel, dass er nicht mehr genau wisse, was eher da war: die Zeitabenteuer in den Comics oder den Taschenbüchern. Er glaubte, letzteres.

Wir dürfen jedoch annehmen, dass er »Bruder der stählernen Wölfe« wohl erst im Jahr 1968 geschrieben hat – lange nachdem die Atlan-Zeitabenteuer in den Comics gestartet waren.

Mit der Nummer 27 wurden die Comics zum letzten Mal unter dem Titel PERRY RHODAN IM BILD veröffentlicht. Nahtlos machte man vierzehn Tage später mit neuen PERRY RHODAN-Comics weiter. Allerdings startete die Serie wieder mit der Nummer 1 in einem neuen, frischen Design und hieß von nun an PERRY – UNSER MANN IM ALL. Die Handlung lief aber ohne Unterbrechung weiter und setzte die Hauptstory aus der PERRY RHODAN IM BILD-Reihe fort.

Die Gucky-Abenteuer wurden weggelassen. Mehr und mehr entfernte man sich von der Romanvorlage und fing an, die PERRY RHODAN-Handlung freier zu interpretieren.

Die Atlan-Geschichten, seit der alten Episode 5 mit dem Untertitel »Der Weise aus dem Weltall«, liefen noch bis zum neuen PERRY-Band 4 als Zeitabenteuer mit. Die Zeitabschnitte zwischen Atlans einzelnen Abenteuern waren in den letzten Folgen riesig, als wolle man schnell die Gegenwart der Serienhandlung erreichen.

Im letzten Teil »Das Ende der Welt« erhält Atlan Wissen über die Auswirkungen von Perry Rhodans Mondlandung, das er laut PERRY RHODAN-Band 50 gar nicht haben durfte. Da die Comics zur Heftserie aber als unkanonisch galten, störte sich wohl keiner dran. Die Storyline des insgesamt einunddreißigsten Atlan-Zeitabenteuers mündete genau in die Haupthandlung des PERRY-Comics Nr. 5, »Der Plan des Phil Holding«. Diese entsprach inhaltlich dem Heftroman Nr. 50. Somit wurde Atlan in die Hauptreihe integriert.

Die Atlan-Geschichten in den Comics wurden dennoch mit neuen Abenteuern fortgesetzt, in denen Atlan als Lordadmiral der USO in der Galaxis des Jahres 2328 agiert – diese waren somit ein Vorgriff auf die ATLAN-Heftromanserie, die erst etwa zehn Monate später startete.

Die Atlan-USO-Abenteuer liefen noch bis PERRY-Band 36. Ab der Nr. 37 änderte sich der Stil der PERRY-Comics grundlegend. Für die Gestaltung wurde das italienische Zeichenstudio Giolitti engagiert und führte den heute legendären Pop-Art-Stil ein … ziemlich bunt, mit explodierenden Panels und viel nackter Haut.

Perry Rhodan 3188: Die letzten Tage von Pordypor
Michelle Stern
PERRY RHODAN DIGITAL
ISBN/EAN: 9783845361888
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Perry Rhodan 3188: Die letzten Tage von Pordypor
Michelle Stern
Pabel Moewig Verlag KG
ISBN/EAN: 9999900007282