Der Autor Frank W. Haubold ist mir seit vielen Jahren durch seine Science-Fiction-Erzählungen und -Kurzgeschichten bekannt; einen Roman las ich bislang noch nicht von ihm. Sein »Dämonenstadt« erschien bereits zu Beginn des Jahres 2019, ich schmökerte ihn erst dieser Tage durch und fand ihn sehr spannend. Es handelt sich dabei – wenn man unbedingt ein Genre benannt haben möchte – um eine Mischung aus Thriller und Dunkler Phantastik, das Ganze vor dem Hintergrund der neueren deutschen Geschichte.
Hauptfigur des Romans ist ein Schriftsteller: Markus Blau kommt ursprünglich aus einer kleinen Stadt namens Raunburg – als er Kind und Jugendlicher war, zählte sie zur DDR. Blau ist also in einer DDR-Kleinstadt aufgewachsen, lebt aber längst in der Großstadt und hat mit seiner Vergangenheit eigentlich nichts mehr zu tun. Als auf einmal eine Mappe mit seltsamen Zeichnungen in seinem Arbeitszimmer auftaucht und ihn seltsame Träume plagen, wird ihm klar, dass er sich seiner Vergangenheit stellen muss. Er fährt nach Raunburg, wo er sich in einem schlichten Hotel einquartiert.
Dort stößt er auf einen alten Mann, der zu DDR-Zeiten als Polizist gearbeitet hat und einige seiner alten Kontakte noch nutzen kann. Die beiden sind durch vergleichbare unheimliche Effekte nach Raunburg »gelockt« werden. Es geht um Menschen, die während der DDR-Zeit aus dem System flüchten wollten und auf brutale Weise umgebracht wurden. Damals interessierte es niemanden, zur aktuellen Zeit weiß es niemand – doch Markus Blau und der ehemalige Polizist stehen damit in einer Verbindung.
Frank W. Haubold verfährt nach dem klassischen Thriller-Prinzip: Die Spannung wird langsam aufgebaut, die Perspektiven wechseln zwischen den Hauptpersonen hin und her, und der Leser erhält immer wieder neue Informationen, wodurch ein spannendes Gesamtbild entsteht. Gelegentlich gibt es eine Szene mit Action und Gewalt, meist aber herrschen Szenen vor, in denen ermittelt und diskutiert wird, in denen Markus Blau und sein Kompagnon immer mehr erfahren.
Der Autor ist stilistisch sehr sicher, er hat die Figuren und seine Handlung hervorragend im Griff. Nie hat man das Gefühl, hier habe jemand die Orientierung verloren. Die Geschichte fesselt über die gesamte Länge des Romans hinweg, sie verläuft nachvollziehbar, und die beiden Hauptfiguren handeln stets glaubhaft. Phantastische Elemente und Traumbilder werden zurückhaltend eingesetzt, sie spielen zwar eine wesentliche Rolle, dominieren den Roman aber nicht. Als Leser kann man sich bei mancherlei Szene ohnehin fragen, ob sie »wirklich« so passiert oder ob sich Markus Blau manches nur so einbildet.
Ähnliches gilt für die DDR. Man merkt dem Roman an, dass der Autor das untergegangene System noch selbst kennengelernt hat. Die Vergangenheit der Stasi wird auf einmal lebendig, die DDR hängt zeitweise wie ein grauer Schatten über der ganzen Geschichte. Als ob sie eine weitere Figur in diesem Roman wäre, der gelegentlich recht unheimlich wirkt.
Der Roman hat mir deshalb auch so gut gefallen, weil die Figuren nachvollziehbar handeln und nicht durchgehend sympathisch sind. Markus Blau verhält sich durchaus zielstrebig, verheimlicht seinem Partner aber ständig Informationen. Der alte Polizist benutzt seine ehemaligen Seilschaften und behält ebenfalls Informationen in der Hinterhand. Die beiden belauern sich also, während sie eigentlich zusammenarbeiten.
Frank W. Haubold ist es mit »Dämonenstadt« gelungenen, einen packenden Thriller zu schreiben, der verschiedene Aspekte abdeckt und der ohne die genre-üblichen Schauplätze in den USA oder Großbritannien auskommt. Mich hat der Roman gefesselt, ich habe ihn mit großer Spannung gelesen und empfehle ihn ausgesprochen gern. Spannend und ein wenig unheimlich!
»Dämonenstadt« umfasst 352 Seiten und ist in drei verschiedenen Versionen zu haben; leider kann man nicht jede Version überall kaufen. In allen Online-Shops ist die E-Book-Version erhältlich, unter anderem beim PERRY RHODAN-OnlineShop – sie kostet 4,99 Euro.
Bei vielen Versandhändlern und auch – theoretisch – überall im Buchhandel (leider nicht in unserem Shop) kann man die Paperback-Ausgabe bestellen, wobei die ISBN 978-3-86402-701-7 hilfreich sein kann. Diese Version kostet 14,90 Euro. Für 16,90 Euro gibt es sogar eine Hardcover-Version, die man allerdings nur im Shop des Atlantis-Verlages erwerben kann.
Klaus N. Frick
